Bannerbild | zur StartseiteBannerbild | zur Startseite
Link zur Seite versenden   Druckansicht öffnen
 

Grube Neuprick

neuprick

Nachdem die Kohlengräbereien in den zu Tage austretenden Kohlenflözen auf Grund größerer Teufe und zunehmender Wasserzuflüsse technisch immer schwieriger wurden, hatten die einzelnen Kohlengräber nicht mehr die technischen und finanziellen Mittel, um ihrer Arbeit sicher und lohnend nachgehen zu können. Daher schlossen sich die „Köhler“ im  15. Jahrhundert zu  Köhlergemeinschaften  oder zu Sozietäten zusammen. Die wohl bedeutendste Gesellschaft war nach einer Aachener Schöffenfamilie „Prick“ benannt. Es waren die „Prickköhler“, die mit 11 Personen auf Ländereien der Abtei Klosterrade, das alte Steinkohlenfeld „Prick“ bearbeiteten. Dies erfolgte gegen Abgabe eines Erbpfennigs an das Kloster in der Zeit von 1645 bis 1741. Dann entzog der Abt Rauschauw der Prickköhler-Gesellschaft die Abbaurechte, um selbst die Kohlegewinnung leitend in die Hand zu nehmen.

 

 

1796 wurde während der napoleonischen Zeit unter französischer Besatzungsmacht der gesamte Bergwerksbesitz verstaatlicht und unter Militärverwaltung gestellt. In dieser Zeit wurde rigoros Raubbau betrieben. Das bedeutete für die „Prick-Grube“ wie für viele andere Bergwerksbetriebe das vorläufige Ende.

 

 

Ab dem 28. Juli 1791 galt das französische Bergrecht in den von den Franzosen besetzten Gebieten. Auf dieser Grundlage  erhielten Bergbauinteressierte wie Hugo Winkens, Bernard Loiff und Henri Griefgens auf Antrag durch  kaiserlichen Erlass vom 2. Februar 1808 eine Konzession für die Dauer von 50 Jahren zur Gewinnung von Steinkohle im Feld der „Prickoul“. Damit war die „Neue-Prick“ ins Leben getreten. Sie lag  nunmehr auf niederländischem Gebiet und war vom alten Markt durch die Zollgrenze abgeschnitten. Der Absatz an Kohle ging zurück. Erhebliche technische Schwierigkeiten kamen hinzu. Die „Alte Prick“ war 1808 mit 420 Beschäftigten die bedeutendste Grube des Wurmgebietes. Mit zwei Häspeln wurden täglich 480 Tonnen Kohle gehoben. Dann aber ging es in der weiteren Entwicklung zunächst bergab. Jetzt trat Josef Schiffers der Gesellschaft bei und wurde  schließlich Alleininhaber des Bergwerks. Er verkaufte alsbald die Hälfte seiner Besitzanteile 1829 an Charles James Cockerill. Dieser baute eine Dampfmaschine und installierte sie an dem vorhandenen Schacht östlich des Hauptsprunges. Sie war jedoch viel zu schwer, verbrauchte zu viel Kohle und war zudem für größere Teufen nicht geeignet.

 

 

1838 wurde nur 30 Meter von der Markscheide  zum Bergwerk Domaniale entfernt der Schacht Catharina angeschlagen, der ein Jahr später das Flöz Merl bei einer Teufe von 120 Metern erreichte. Es gab auch hierbei große Probleme mit Wasserzuflüssen. 1843 verkaufte Schiffers seine restlichen Anteile am Bergwerksbesitz an den Pannesheider Bergwerks – Verein, der am 20. Juni 1842 durch Erlass des Königs von Preußen, Friedrich Wilhelm IV., Aktiengesellschaft wurde.

 

 

1847 wurde auch die Konzession „Bleijerheide“ durch den Eigentümer  Charls Winkens an den Pannesheider Bergwerks – Verein verkauft. Damit war das gesamte Kohlenfeld „Prickoul und Bleijerheide“ in einer Hand vereinigt . Die Kohleförderung wurde schließlich Ende 1852 wieder aufgenommen.

 

 

Neuprick hatte nur einen Schacht, Catharina. In ihm war ein Wetterscheider, eine Trennwand, eingebaut, um die Bewetterung der Grube möglich zu machen. Nach preußischem Bergrecht war das nicht möglich. Es mussten immer wenigstens zwei Schächte für den Aufschluss eines Bergwerks geteuft werden.

 

 

Neuprick hatte dadurch erhebliche Probleme bei der Wetterführung. Daher wurde nach vorheriger Genehmigung durch die niederländische und preußische Bergbehörde unter der Staatsgrenze hinweg ein Querschlag zum Bergwerk Voccart aufgefahren. Außer zur Wetterführung diente diese Strekke auch der Ableitung des Grubenwassers von Neuprick nach Voccart und weiter in den Fluss Wurm.

 

 

Einen zusätzlichen Vorteil hatte diese Strecke allerdings nur für kurze Zeit. Sie diente einem schwungvollen Schmuggel von diversen Waren von Holland nach Deutschland und umgekehrt. Der 5. November 1856 wurde für den holländischen Bergbau ein historisches Datum. An diesem Tag nämlich wurden zwei Gittertüren, die im Querschlag  im Grenzbereich angebracht waren, offiziell geschlossen und von beiden Seiten durch hohe Zollbeamte versiegelt. Die Schlüssel dazu wurden beim Reichssteuereinnehmer in Kerkrade hinterlegt und sicher verwahrt.

 

 

Der Grubenbetrieb auf Neuprick wurde inzwischen von Voccart aus geleitet. Die Förderung war allerdings recht unregelmäßig und in den Jahren unterschiedlich hoch, weil  nicht das ganze Jahr hindurch Kohle abgebaut wurde.  1853, als das ganze Jahr hindurch gefördert worden war, konnten 161.400 Zentner Kohle mit einem Erlös von 14.057 Gulden verkauft werden. Man baute in den Flözen Klein-Mühlenbach und Steinknipp. Im Jahre 1861 fand wiederum wegen geringen Absatzes und hoher Lagerbestände kein Kohlenabbau statt. Es wurden Reparaturarbeiten am Catharina-Schacht vorgenommen. Der Schacht wurde bis zur 235- Meter-Sohle niedergebracht und erreichte damit seine Endteufe. Im Zuge der Modernisierung erfolgte die Installation einer neuen Dampffördermaschine und eines zweiten Lüfters im Jahre 1873. Die Gewinnungsarbeiten wurden wieder aufgenommen.

 

 

1875 arbeiteten auf Neuprick 193 Personen, davon 150 unter Tage. Bereits ein Jahr später legte man wegen erneuter Absatzschwierigkeiten pro Woche eine Feierschicht ein und beschäftigte nur noch 180 Personen bei einer Schichtzeit von neun Stunden.

 

 

Im Jahre 1881 wurde auch in Flöz Merl abgebaut. Nach Konsolidierung der Konzessionsfelder „Neuprick“ und „Bleijerheide“ nutzte man 1883 die Möglichkeit, mit einer Strecke in das Abbaugebiet von Bleijerheide hineinzufahren, ohne den Markscheidesicherheitspfeiler beachten zu müssen. Dabei stieß man gelegentlich auf alte Grubenbaue mit Wasseransammlungen. Aus diesem Grunde wurden vorsorglich Wasserdämme  mit Türen und verschließbaren Abflussrohren  errichtet. Der endgültige Durchbruch zum Flöz Groß-Mühlenbach im Bleijerheider-Feld, das auch mit dem Steinkohlenbergwerk Domaniale untertägige Verbindungen hatte, erfolgte 1896. Ein Jahr später wurde die Arbeit in diesem Flöz wegen zu großer Wasserzuflüsse eingestellt. Es gab nur wenig Hoffnung für den zukünftigen Abbau in diesem Feldesteil.

 

 

Bereits im Jahre 1902 begann das Ende für Neuprick, denn die Belegschaft führte einen heftigen, aber aussichtslosen Kampf gegen das stets stärker zufließende Wasser im Bereich des Flözes Groß-Mühlenbach aus dem Grubengebäude des Steinkohlenbergwerks Domaniale.

 

 

Auf Domaniale hatte man den Abbau und die Förderung von der 260 Meter – Sohle auf die 200 Meter – Sohle verlegt und ließ das Wasser auf der 200 Meter – Sohle  ansteigen. Vermutlich hat der zum Teil auf 10 Meter Stärke bemessene Markscheidesicherheitspfeiler dem Wasserdruck nicht standhalten können.

 

 

1902 betrug der mittlere Wasserzufluss ca. 380 Liter pro Minute und stieg 1903 auf 1.040 Liter pro Minute an, mit der Folge, dass die Grubenbaue vom tiefsten Punkt bis auf 210 Meter unter der Erdoberfläche absoffen.

 

 

Am 28. Mai 1903 waren die Wasserzuflüsse von Domaniale nach Neuprick so stark geworden, dass für die Bergleute große Lebensgefahr bestand, der nicht mehr wirkungsvoll begegnet werden konnte. Am 1. September 1904 kam schließlich das Aus für Neuprick, weil die Wasserzuflüsse 1.300 Liter pro Minute erreichten und auch mit einer zusätzlich eingebauten Pumpe nicht  mehr beherrscht werden konnten. Es wurden nicht nur 80.000 Tonnen Steinkohlenvorräte aufgegeben, sondern auch 163 Menschen verloren in Kerkrade ihren Arbeitsplatz. Einige von ihnen fanden Arbeit auf „Domaniale“, „Voccart“ und „Gouley“.

 

 

Heute erinnern nur noch Straßennamen wie „Pricksteenweg“ und „Pricklos“ sowie eine im Bürgersteig eingelassene Gedenktafel an das Bergwerk „Neuprick“.

Friedrich Ebbert