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Grube Gouley

L e t z t e   G o u l e y – S c h i c h t

L e t z t e   G o u l e y – S c h i c h t

war die Überschrift in Heft 4/5 1969 der EBV-Zeitschrift „De Kull“ zu folgendem Artikel:

Die letzte auf der Grube Gouley geförderte Anthrazitkohle wurde mit diesem Förderwagen am 31.März 1969 von der 850-Meter-Sohle gehoben. Als der Wagen um 9.30 Uhr vom Förderkorb des von Goerschenschachtes rollte, hatten sich am Schacht eine Reihe Bergleute, Vertreter der Unternehmens- und Betriebsleitung mit Bergwerksdirektor Liersch  an der Spitze, des Betriebsrates der Grube Gouley und der Stadt Würselen versammelt. Auf der Längsseite des Wagens las man den Spruch:

 

„Als Letzter werd‘ ich in diesem Schacht

aus der Tiefe an das Licht gebracht.

Doch morgen werd‘ ich wie die andern

auf die nächste Grube wandern.“

 

Vorgeschichte:

Das war das Ende einer 370jährigen Geschichte, die im Jahre 1599 begann. In jenem Jahr wurde in das Aachener Kohlwerksregister die Grube als „Gute Ley“ eingetragen, gleichsam als guter Schiefer bezeichnet. Welche Bedeutung die Grube hatte, ist nicht bekannt. Eine im Juli 2014 erschienene „Studie der regionalen Wirtschafts-Geschichte der Region Aachen im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert“ von Prof. Alfred Reckendrees (Copenhagen Business School) klärt die Situation der Grube Gouley über die ersten 200 Jahre etwas auf. Man liest auf den Seiten 19 bis 21 dieser Arbeit folgendes:

 

 … Das Wurmrevier zeichnete sich trotz seiner geringen Ausdehnung durch mehrere Landessherren und unterschiedliche Bergverfassungen aus. Die Gruben bei Würselen und Morsbach lagen im zur Reichstadt

Aachen gehörigen Aachener Reich, die Gruben bei Bardenberg im Herzogtum Jülich, Amt Wilhelmstein, die Kohlscheider Gruben in der Herrschaft Heiden (einer Jülich’schen Unterherrschaft mit eigenem Bergrecht), die Gruben von Kloosterrade lagen im Land Herzogenrath (Herzogtum Limburg, österreichisch)…(siehe Abb. 2).

 

Abb. 2

Politisch historische Karte des Wurmreviers

…. Für das Aachener Reich hat der Rat der Stadt Aachen eigenes Recht über die Vergabe der Grubenfelder und über die Ernennung eigener Bergbeamte, Kohlmeister und Kohlwieger; letzteren oblag, wie in allen Teilen des Wurmreviers, die Bergaufsicht.  ……  Länger als in anderen Teilen der Region hatte im Aachener Reich der Eigenlöhnerbetrieb unter Einbeziehung weiterer Bergleute Bestand…. (siehe auch Anlage A).

 

Dies setzte der Ausdehnung der Gruben aus finanziellen Gründen enge Grenzen. Das wichtigste Ziel der Stadt Aachen bestand nicht in leistungsfähigen Gruben, sondern in der kostengünstigen Versorgung der Bürger mit Hausbrand, was an den niedrig festgelegten Kohlenpreisen und an dem Verbot der Kohlen-Ausfuhr ersichtlich ist. Ein Anreiz, in den Bergbau zu investieren bestand nicht. Noch 1778, als in den anderen Teilen des Wurmreviers längst der Übergang zu größeren Betrieben erfolgte, zählte man im Aachener Reich 69 kleine und kleinste Gruben. ….. Fast alle Gruben des Aachener Reichs stellten Ende des 18. und in den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts ihren Betrieb ein. Die bisherigen Köhler waren „mangels gehöriger Kenntnisse und mangels der gehörigen Mittel“ nicht mehr in der Lage gewesen, die Gruben zu betreiben.

 

Soweit Prof. Reckendrees, der in knappen und verständlichen Sätzen zusammengefasst hat, was Friedrich Schunder und andere bereits in früheren Jahren erforscht haben (siehe auch Anlage H Bergbau-Historie in der Region Aachen im 18. und 19.Jahrhundert). In den Heimatblättern des Landkreises Aachen, Heft 3 des 2. Jg. aus dem Jahr 1932 wurde nachstehende Karte veröffentlicht (Abb. 3). In dieser Karte sind die auf Würselener Gebiet liegenden Gruben (22 Stück) des Aachener Reichs eingetragen.

 

Anmerkung: Die Karte wurde zur besseren Übersicht bearbeitet, indem die meist unleserlichen Straßennamen entfernt wurden, einige wurden zur Orientierung maschinell eingetragen. Die von Hand geschriebenen Zahlen in den gelben Feldern waren oftmals schwer zu lesen und deshalb ebenfalls maschinell eingetragen.

 

Abb. 3

Lageplan der ehemaligen Steinkohlengruben im Gemeindegebiet Würselen vom 14. bis zum 19. Jahrhundert. (Heimatblätter des Landkreises Aachen 1932, Heft 3, Seite 6. Bearbeitet 2022.)

Ende des 18. Jahrhunderts wurde im Wurmrevier eine mittlere Teufe von 60 bis 80 m erreicht. Das dürfte auch für Gouley zutreffen, denn von den umliegenden Gruben auf Bardenberger Gebiet (z.B. Ath, Furth) wird über große Aufwendungen für eine Wasserhaltung berichtet, die zu Beginn des 18. Jahrhunderts noch von Hand erfolgte und zunehmend mechanisiert wurde. Der Wasser-Abfluss erfolgte in die Wurm.

 

Mit dem Einmarsch der napoleonischen Armee 1792 und 1794 begann eine Zeit der Neuordnung.

1798 wurde das linke Rheinland in den französischen Staat integriert und 1801 durch den Frieden von Lunéville völkerrechtlich anerkannt. Es gelten ab diesem Zeitpunkt die Rechte der französischen Revolution basierend auf dem Slogan „Freiheit-Gleichheit-Brüderlichkeit“. 1814 kommt das Rheinland nach Preußen, einiges aus der französischen Zeit bleibt bestehen und anderes fällt den preußischen Verordnungen zum Opfer.

 

Neuere Geschichte:

 

Friedrich Schunder schreibt in dem Buch „Geschichte des Aachener Steinkohlen Bergbaus“:

Im alten Aachener Gebiet bei Würselen war nach Stilllegung der „Teut“ (gemeint ist die „alte Teut“,

nahe dem heutigen Teuterhof 13a) nur noch die alte Grube Gouley in Betrieb.

 

1807   wurde sie den bisherigen Interessenten Scholl, Foveaux, Hansen und Schirbach (mit dem Namen     Gouley) neu konzessioniert. Nach zweijährigen kostspieligen Aufschlußarbeiten kam die Grube im Juni 1808 wieder in Förderung, 1811 betrug der Absatz 1.545 t. … Da die Flöze … bis 61-m-Teufe ausgekohlt waren, wurden … zwei neue Schächte abgeteuft. Sie erhielten einen gemeinsamen Pferdegöpel, der die Förderung übernahm und das Pumpen von Hand ablöste (siehe Anlage B).

 

1817    kaufte Gerard Dement, Fabrikant aus Lüttich, die Grube. Er ließ die beiden Schächte weiter abteufen und ersetzte 1819 die „Roßkunst“ durch eine Dampfmaschine.

 

Technischer Leiter wurde der Belgier Lambert Rasquinet. 1830 wurde einer dieser Schächte nach Dements Tochter Elise benannt, die mit Jules-Henri Gernaert, einem Lütticher Gruben-Ingenieur verheiratet war. Durch diese belgischen Mitbesitz-Verhältnisse an der Grube Gouley hieß sie im Volksmund die “Welsche Kull“.

 

1834    ereignet sich das bis dahin folgenschwerste Unglück. Infolge eines Standwasserdurchbruchs kamen 63 Bergleute – fast die gesamte Nachtschicht – ums Leben. Lediglich elf in der Nähe des Schachtes beschäftigte Arbeiter konnten sich retten. (Siehe auf dieser Homepage den detaillierten Bericht unter dem Menupunkt Dokumentationszentrum/Grubenunglücke.)

 

1836    Gründungsversammlung der Vereinigungs-Gesellschaft (voller Name: Anonyme Gesellschaft für Steinkohlenbau im Wurmrevier) am 21 Dezember. Das erklärte Ziel der Gesellschaft ist es, die vielen kleinen Magerkohlen-Gruben des Wurmreviers unter ihre Führung zu bringen. Dem Direktor der Grube Gouley, Lambert Rasquinet, wurde in der Gründungsversammlung die technische Leitung aller zur Gesellschaft gehörenden Grubenbetriebe anvertraut.

 

1842    Gründung des Pannesheider Bergwerksverein, der 1859 von der Vereinigungs-Gesellschaft aufgekauft wird.

 

1843    erreicht die Grube Gouley eine Förderung von 50.000 Jahrestonnen und war damit die größte Anlage des Wurmreviers. Das ruft die Begehrlichkeit der Vereinigungs-Gesellschaft auf den Plan.

 

1858    wurde Gouley von der Vereinigungs-Gesellschaft übernommen. Knapp 50 Jahre später:

 

1907    heißt der neue Besitzer Eschweiler Bergwerks-Verein, der es bis zum Ende 1969  bleibt.  Die

            zwei Weltkriege (1914-18 und 1939-45) unterbrechen die in der Folge gute Entwicklung.

 

Abb. 4

Grube Gouley 1855, ältestes bekanntes Foto

Technische Entwicklung der Grube Gouley:

 

Von der Schachtförderung, wie man sie aus alten Darstellungen kennt und der Wasserentsorgung mit Handpumpen in den ersten 200 Betriebs-Jahren, setzte mit Anfang des 19. Jahrhunderts eine rasante Entwicklung ein.

 

Der erst 1808 installierte Pferdegöpel hatte nach kaum zehn Jahren ausgedient und wurde

 

1817    von der Dampfmaschine abgelöst. Die alten Schächte erreichten bis 1808 eine Teufe von ca. 60 Metern. Die beiden neuen Schächte reichten bis ca.125 Meter und 1858 bereits bis ca. 272 Meter Teufe, denn:

 

1858    ist es gelungen, auf der 270-m-Sohle den Feldbiss, eine große Störung (Verwerfung der geologischen Formation) zu durchörtern, um in das Feld Gemeinschaft, zwischen Bardenberg und Duffesheide gelegen, vorzudringen. Im gleichen Jahr förderten 222 Bergleute 28.500 Tonnen Kohle.

 

1860    wurde die erste Flamm-Kohle aus dem Feld Gemeinschaft auf Gouley zu Tage gebracht.            1875 kamen aus dem Feld Gemeinschaft 60.000 Tonnen und 1881 bereits 100.000 Tonnen.

 

1861    gehörten alle Gruben westlich des Feldbisses zur Vereinigungs-Gesellschaft, d.h. man stellte untertage die Verbindungen der einzelnen Förderanlagen her, und Gouley wurde eine Haupt-Förder-Anlage.

 

1870    konnte auf der 270-m-Sohle die Verbindung zwischen den Förderanlagen Langenberg, Ath und Gouley hergestellt werden.

 

1871    wurde auf Gouley die Seilfahrt eingeführt (Seilfahrt = Personentransport mit der Fördereinrichtung).

 

1874    Inbetriebnahme einer neuen Dampf-Fördermaschine am Haupt-Förderschacht; 500 PS, 3,5 t Nutzlast, zulässige Geschwindigkeit: 3 m/sec, Förderleistung 90 Wagen/h.

 

1879    wurde der Förderschacht bis zur 430-m-Sohle geteuft. Die Hauptfördersohlen waren fortan die 350- und die 430-m-Sohle.

 

Abb. 5

Die Gouley-Belegschaft 1884

1892    erhielt Gouley den langersehnten Anschluss an das Eisenbahnnetz, das letzte Teilstück der Querverbindung zwischen der Bergisch-Märkischen-Eisenbahn und der Aachen-Jülicher Eisenbahn von Würselen über Morsbach nach Kohlscheid wurde am 1. Juli geschlossen.      Damit war der Kohlenabsatz sowohl in Richtung Köln als auch Richtung Niederrhein möglich.

            Auf dem nachstehenden Foto (Abb. 6) sind Gleise und Eisenbahnwaggons zu erkennen.

 

1893    wurde eine neue leistungsfähige Kohlenwäsche in Betrieb genommen.

Abb. 6     

Gouley 1899

1896    begann man am 7. April mit dem längst notwendig gewordenen Abteufen des ersten Schachtes im Feld Gemeinschaft bei Duffesheide. Die Flamm- und Fettkohlen Vorräte wurden auf 200 Millionen Tonnen geschätzt. Anhaltende Probleme beim Teufen bewirkten jedoch, dass man erst 1905 bei einer Teufe von 157 m das Steinkohlengebirge erreichte.

 

 

Abb. 7

Schacht Gemeinschaft der ehemaligen „Vereinigungs-Gesellschaft in den 1950er Jahren. Archiv GABI

1899    war das Auslaufen der beiden Gruben Teut und Königsgrube abzusehen, der dadurch entstehende Förderausfall musste von Gouley aufgefangen werden. Der Aufsichtsrat der Vereinigungs-Gesellschaft genehmigte eine neue Wasserhaltung und einen neuen Schacht;

mit dessen Abteufen bis zur 430-m-Sohle wurde noch im gleichen Jahr begonnen.

 

1902    beginnt der Bau des neuen Zechenhauses und des Fördermaschinenhauses am von Goerschenschacht für zwei mit Dampf betriebene Trommel-Fördermaschinen.

 

1903    erfolgte die Inbetriebnahme der ersten Fördereinrichtung im neuen von Goerschenschacht.

            Eine neue Dampffördermaschine der Firma Isselburger konnte mit einer Leistung von 1.000 PS mittels eines 4etagigen Förderkorbs acht Förderwagen heben. Die zweite Fördereinrichtung ging etwas später in Betrieb. Der bisherige Förderschacht wird Wetterschacht (siehe Abb. 8).

Robert von Goerschen war langjähriger Aufsichtsratsvorsitzender der Vereinigungs-Gesellschaft.

           

1904    nach der planmäßigen Stilllegung der Königsgrube und der Teut war rechts der Wurm nur noch die Grube Gouley in Förderung, von der 350- und 430-m-Sohle.

 

1906    Fusion der Vereinigungs-Gesellschaft mit dem Eschweiler Bergwerks-Verein am 1 Juli. Der EBV wird durch die Fusion eine der größten Zechengesellschaften Europas.

 

1910    veröffentlicht der Eschweiler Bergwerksverein den Geschäftsbericht in Form einer Festschrift „Zur Erinnerung an die vor 75 Jahren erfolgte Gründung des Vereins“. Darin ist u.a. über Gouley zu lesen:

 

BETRIEBSDIREKTION II.

1.Grube Gouley bei Würselen

 

Die Grube Gouley liegt auf der rechten Seite der Wurm und baut in der durch die Zickzack-lagerung gekennzeichneten Wurmmulde. Außer dem eigentlichen Konzessionsfelde Gouley sind ihr noch die Felder der benachbarten Gruben Teut, Ath, Königsgrube zugewiesen; der gesamte von Gouley aus betriebene Felderkomplex umfaßt daher rund 22.000.000 qm. Das Steinkohlengebirge steht hier beinahe zutage und umfaßt die Magerkohlenpartie mit zahlreichen, aber nur ausnahmsweise über 1 m mächtigen Flözen.

 

Zur Förderung dient der Doppelförderschacht von Goerschen. Der alte Förderschacht ist

zum Wetterschacht nachgerissen, aber auch als Förderschacht, also mit Wetterschleuse, ausgestattet. In Ausrichtung, Vorrichtung und Abbau stehen die 350- und 430 m-Sohle; auf letzterer befindet sich die neue elektrische Wasserhaltung.

 

Die Belegschaft war im Geschäftsjahr 1908/09 1.023 Mann stark, denen 99 Arbeiterwohnungen

zur Verfügung stehen; die Förderung betrug 302.000 t.

Die Grube besitzt ein neues, umfangreiches Zechengebäude mit großem Lichthof, sowie eine Kraftzentrale mit Dampfturbinenantrieb von 2.400 Kilowatt Leistung.

 

            1910 beschäftigte der EBV 10.679 Mann und förderte 2.279.537 Tonnen Steinkohle.

 

                

 

 

Abb. 8

Grube Gouley 1908

Abb. 9

Gouley 1910, elektrische Wasserhaltung auf der 430m-Sohle.

Abb. 10

Gouley 1910, Lichthof im neuen Grubenhaus

1914    Vor dem Ausbruch des 1. Weltkrieges waren auf Gouley 1.200 Mann beschäftigt. Der vier Jahre dauernde Krieg reduzierte die erfahrene Belegschaft auf etwa die Hälfte. Ungelernte Hilfskräfte, Frauen und Kriegsgefangene wurden herangezogen, um die Lücken zu schließen, was naturgemäß nur sehr bedingt möglich war.

 

Nach dem verlorenen Krieg hatten alle die Folgen zu tragen; zunächst die Reparationen, dann die Inflation, und die Arbeitskämpfe ließen die Bevölkerung hungern und die Betriebe schrumpfen. Erst ab 1927, mit Übernahme der Aktienmehrheit durch die ARBED, besserte sich die Situation des EBV und damit auch der Grube Gouley.   

 

Die 1914 in Angriff genommene 530-m-Sohle wurde zwischenzeitlich fertiggestellt. Die Kohlegewinnung mit dem Abbauhammer hielt auch in der Grube Gouley Einzug. In flacheren Abbaubereichen wurden Schüttelrutschen installiert, und die Hauptstrecken-Förderung wurde Zug um Zug vom Pferdebetrieb auf Elektrolokomotiven umgestellt; lediglich in den Abbaustrecken waren noch Pferde im Einsatz.

 

1930    förderten 1.845 Bergleute wieder 570.000 Tonnen Steinkohle/Jahr.

 

Abb. 11

Grube Gouley in den 1920er Jahren.

1937    wurde die Kohlenwäsche auf das Schwerflüssigkeitsverfahren umgestellt. Dabei wird das spezifische Gewicht der Flüssigkeit (Wasser) durch Zugabe von Schwerspat erhöht, wodurch die Kohle besser aufschwimmt und dadurch vom tauben Gestein besser getrennt und reiner wird.

 

1938    wurde die Jahresförderung mit 1.980 Bergleuten auf mehr als 600.000 Tonnen gesteigert.        Doch der Fortschritt wurde bald wieder eingebremst, mit dem Beginn des 2. Weltkrieges 1939.

            Der Reichskohlenkommissar gab vor, was gefördert wurde. Der Personalabzug zur Wehrmacht wurde teilweise aufgefüllt durch den Einsatz von Kriegsgefangenen und Internierten, die 1943 zeitweise die Hälfte der Stammbelegschaft ausmachten.

 

1944    Ab September schrumpfte die Bevölkerung wegen der Zwangsevakuierung um ca. 85 Prozent.  

            Gouley geriet im Herbst ins unmittelbare Kampfgebiet des zu Ende gehenden Zweiten Weltkrieges. Am 12. September erfolgte die Stilllegung des Bergwerks.

 

Mit einer Notbelegschaft wurde die Grube, mit Hilfe eines untertage verlegten Kabels von Laurweg aus, vor dem Absaufen bewahrt. Dennoch entstanden große Schäden, sowohl Übertage wie auch im untertägigen Bereich. Die Beseitigung der vor allem im Untertagebetrieb großen Schäden (teilweiser Zusammenbruch der Förderstrecken) nahm eine lange Zeit in Anspruch. Sehr hinderlich war auch die der britischen Militärregierung unterstellte Aufsicht.

 

1948    betrug ab Mitte des Jahres die tägliche Förderung wieder 1.000 Tonnen.

 

1950    beschloss der EBV-Vorstand den Verbund der beiden Gruben Gouley und Laurweg. Der Grund dafür waren abbauwürdige Kohlevorräte unterhalb der 455-m-Sohle, die das Auffahren einer neuen Sohle auf Laurweg nicht rechtfertigen, aber von Gouley aus sehr gut abgebaut werden konnten.

 

1951    wurde die erste Laurweg-Kohle auf Gouley gefördert, was eine Erweiterung der Kohlen-Wäsche erforderlich machte.

 

1952    wurden die Füllorte an dem inzwischen tiefer geteuften von Goerschenschacht auf der 530- und 650-m-Sohle erweitert. Nicht nur die zusätzliche Laurweg-Kohle, sondern auch die wieder intakte Verbindung ins Feld Gemeinschaft brachte weitere Mengen.

 

1955    war der Zusammenschluss beendet. Auf Laurweg wurde der Betrieb der Aufbereitungsanlage eingestellt. Am Frankschacht fand noch bis 1960 Seilfahrt statt.

 

1956    betrug die Förderung 840.000 Tonnen Kohle (2.750 t/Tag), die Belegschaft war 3.400 Mann stark. Das waren die besten Werte, die Gouley je erreichte, wie man im Nachhinein feststellte.

 

1958    wurde mit der Errichtung des 70 m hohen Beton-Förderturmes begonnen, der 1959 fertig gestellt wurde. Der Schacht wurde bis auf 880 m geteuft, um die 850-m-Sohle anschließen zu können. Der Schachtdurchmesser wurde von fünf (bis zur Teufe 530 m) auf 5,5 Meter vergrößert (siehe Anlage C).

 

 

Abb.12

Gouley 1959 mit Betonförderturm über dem Fördergerüst und das Grubenhaus.

1959    technische Ausrüstung des Förderturms und des Schachtes. Die westliche Förderung wurde mit einer Zweiseil-Förderanlage mit Elektrofördermaschine der Firmen GHH/AEG und einer Leistung von 1.750 KW ausgestattet (siehe technische Details Anlage D). Die östliche Förderung wurde über das bestehende Fördergerüst mit der bereits beschriebenen Dampffördermaschine von 1903 betrieben.

 

1960    Am 4.Januar zog die neue Elektrofördermaschine die ersten Förderwagen von der 650-m-Sohle

zu Tage. Zwischen Weihnachten und Neujahr waren die Umstellungsarbeiten erfolgt. Am Wetterschacht wurde die 86 Jahre alte 500 PS starke Dampf-Fördermaschine von 1874 stillgelegt, demontiert und dem deutschen Museum in München angeboten. An ihre Stelle trat eine Dampf-Maschine der Firma EPR (Eisenhütte Prinz Rudolf), Baujahr 1908 mit 3.500 PS und einer Fördergeschwindigkeit von 12 m/sec (anstelle von 3 m/sec der alten Maschine). Untertage wurde die Ausrichtung der 850-m-Sohle begonnen und die Mechanisierung der Kohlegewinnung mit Hobel und Schrämmaschinen fortgesetzt. In der flachen Lagerung setzte sich der Doppelkettenförderer, kurz Panzer genannt, durch. In der steilen Lagerung wurde Fließ- und Blasversatz betrieben. In den Hauptstrecken kam immer mehr der Gurtbandtransport zum Einsatz, insgesamt waren 1.650 m Gurtbandanlagen in Betrieb.

 

1962    erhielt Gouley eine Grubenwarte. Diese über Tage installierte Schaltzentrale machte es möglich, durch moderne elektrische und elektronische Schalt- und Übertragungsmöglichkeiten Störungen der Abbau- und Transportmaschinen untertage schnellstmöglich zu erkennen und helfend einzugreifen. Ein Steuerstand, wie man das von modernen Kraftwerken kennt (siehe Anlagen E und C).

 

1963    konnte mit Fertigstellung der Modernisierung und Erweiterung der Aufbereitungsanlage der

Zusammenschluss von Gouley und Laurweg zum guten Ende gebracht werden. Gouley war gerüstet für viele Jahre, so glaubte man.

 

Abb. 13

Gouley 1961.

1966    erfolgte am 16./17. April die Umstellung zunächst der westlichen Turmförderung von der 650-zur 850-m-Sohle. Ende April geschah gleiches mit der östlichen Förderung. Die bisherigen 4etagigen Förderkörbe wurden durch neue 6etagige ersetzt.

 

Ein paar Daten für die Eisenbahnfreunde:

 

Auf Gouley wurden in der Zeit von 1952 bis 1969 vier Dampflokomotiven für den Rangierbetrieb

eingesetzt. Die Nummer 1 wurde zweimal vergeben, die Nummern 2 bzw. 3 je einmal und zwar von:

1952 bis 1960  Gouley 1, Fabrikat Henschel Nr. 10 717, Baujahr 1911;

1955 bis 1969  Gouley 2, Fabrikat Humboldt Nr. 461, Baujahr 1908;

1959 bis 1965  Gouley 3, Fabrikat Hanomag Nr. 6 657, Baujahr 1913;

1965 bis 1969  Gouley 1, Fabrikat Henschel Nr. 26 468, Baujahr 1949.

 

 

Das Ende einer langen Geschichte:

 

1967    wurde bereits der Abschied eingeläutet. Um die Förderung des Eschweiler Bergwerks-Vereins

den Absatzmöglichkeiten anzupassen, war es erforderlich, eine Förderreduzierung auf Gouley vorzunehmen. Die Hausbrandkohle Anthrazit war aus der Mode gekommen. Bereits im April 1967 wurde mit dem Rauben von Technik und Grubenbauen in den Feldern Voccart und Gemeinschaft begonnen, was sich bis September 1969 fortsetzte.

 

1969    31.März letzte Schicht auf Gouley (siehe Seite 1). Unmittelbar nach der Stilllegung wurde mit der Demontage weiter verwertbarer technischer Einrichtungen übertage begonnen, die auf anderen Gruben des EBV zum Einsatz kamen oder verkauft wurden.  Mit dem Abbruch von Gebäuden etc. wurde im folgenden Jahr begonnen.

 

1970    fiel bereits das Kesselhaus durch eine Sprengung dem Abbruch zum Opfer.

 

            Im Geschäftsbericht des EBV über das Jahr 1969 wird in der Hauptversammlung am 29.4.1970 über die Grube Gouley, die inzwischen wieder so genannt wird und nicht mehr Verbundbergwerk Gouley-Laurweg, wie folgt berichtet:

           

            Grube Gouley, Würselen

                                                                                                          Vorjahr           Berichtsjahr

                        Steinkohleförderung                          t                       591.500           153.282

                        Schichtleistung u.T.                            kg/MS                 2.600               3.027

                        Beschäftigte im Jahresdurchschnitt                               1.598                  413

           

Die Grube, die ausschließlich Anthrazitkohle förderte, wurde am 31.März 1969 stillgelegt. Die Raubarbeiten im Untertagebetrieb endeten im September 1969. Die Wasserhaltung wurde im Interesse der angrenzenden niederländischen Gruben weiterbetrieben.

           

Das war in aller Kürze der letzte Geschäftsbericht über die Grube Grube Gouley. Für die auf der 430-m-Sohle befindliche Wasserhaltung musste in den Folgejahren und nach Stilllegung der niederländischen Gruben Ersatz geschaffen werden, denn zu den benachbarten, im Abbau befindlichen Grubenfeldern Anna und Adolf bestanden teilweise nur geringe Abstände. Ein Durchbruch von Grubenwasser musste unter allen Umständen verhindert werden. So wurden der von Goerschenschacht und der Schacht Beerenbosch (NL) mit je drei leistungsfähigen Tauchmotorpumpen ausgestattet. Diese hatten eine Förderleistung von je 6 m³/min bei einem Durchmesser von  ca. 30 cm. Sie waren etwa zehn Meter lang und an entsprechende Rohrleitungen angehängt. Das auf Gouley gehobene Wasser gelangte „Am Knopp“ und das von Beerenbosch an der „Balsbruger Mühle“ in die Wurm (siehe Anlage F).

 

1973    wurden die Schornsteine gesprengt. Viele Initiativen, u.a. auch des Vereins  “Bergbaumuseum Wurmrevier“, der sich 1986 gegründet hatte, haben sich für den Erhalt des Zechenhauses von 1902, mit dem imposanten Lichthof, eingesetzt. Doch alle Mühen waren vergeblich, denn:

 

1987    wurde das Zechenhaus abgerissen. Nun stand nur noch der Betonturm über dem von Goerschenschacht, als weithin sichtbare Landmarke (s. Abb. 14).

 

 

 Abb. 14

Bild14

1994    Ab 20.März wurde der von Goerschenschacht verfüllt. Oberhalb der 250-m-Sohle (= - 64 m NN) begann die Verfüllung bis zur Tagesoberfläche (= 186 m NN). Die für die Wasserhaltung erforderlichen drei Rohrstränge wurden durchgeleitet. Am 4. August, um 11:30 Uhr wurde der Betonturm (24 x 8,6 m, 70 m hoch) gesprengt. Ein weit ins Land zeigendes Wahrzeichen des einstmaligen Bergbaus gab es jetzt nicht mehr.

 

2022    Dort wo der Betonturm stand gibt es heute, und wahrscheinlich noch für eine längere Zeit, ein relativ kleines Gebäude, in dem die Technik für die Wasserhaltungspumpen untergebracht ist. Außer einer Mauer am Ende der Grundstücke Bardenberger Strasse erinnert nichts mehr an eines der ältesten Bergwerke des Aachener Reviers.

 

Karl-Peter Schröder

 

Abb. 15

Grube Gouley im Jahr 2022, Pumpenhaus über dem von Goerschenschacht.

Foto- und Abbildungsnachweis:

1 Letzter Förderwagen, „De Kull“ Heft 4/5, 1969, EBV

2 Wurmrevier 1789, Geschichte des Aachener Steinkohlenbergbaus, S. 16, Friedrich Schunder

3 Würselener Gruben, Heimatblätter des Kreises Aachen, Heft 3, 1932

4 Gouley 1855 , Geschichte des Aachener Steinkohlenbergbaus, S.208, Friedrich Schunder

5 Gouley Belegschaft 1884, Das Aachener Revier, S. 88, Daniel Salber

6 Gouley 1889, Das Aachener Revier, S. 87, Daniel Salber

7 Schacht Gemeinschaft       

8 Gouley 1908, 75 Jahre EBV, S. 17, Geschäftsbericht EBV

9 Wasserhaltung 1910, 75 Jahre EBV, S. 17, Geschäftsbericht EBV

10 Lichthof im Zechenhaus 1910, 75 Jahre EBV, S. 16, Geschäftsbericht EBV

11 Gouley 1920er Jahre

12 Betonförderturm 1959, Das Aachener Revier, S. 91, Daniel Salber

13 Gouley 1961, Das Aachener Revier, S. 92, Daniel Salber

14 Beton-Förderturm 1988, Karl-Peter Schröder    

15 Pumpenhaus 2022, Karl-Peter Schröder

 

 

 

 

Anlagen

Anlage A

 

Bergbau-Historie in der Region Aachen im 18. und 19.Jahrhundert

Der Bergbau im Wurmrevier war von den Anfängen im 12.Jahrhundert in aller Regel ein sogenannter Eigenlöhnerbetrieb. Es ist die älteste Form des gewerblich betriebenen Bergbaus. Der Grubenbesitzer war sein eigener Lohnherr, er war Allein- oder Mitbesitzer eines oder mehrerer Bergwerke.

Im Aachener Reich galt das Direktionsprinzipdenn der Rat der Stadt Aachen bewilligte den Betrieb einer Grube als Eigenlöhnerbetrieb. Das Direktionsprinzip beinhaltet die strenge staatliche Bewilligung, Kontrolle und Aufsicht über das Bergwerk.

Der frühneuzeitliche Bergbau endet im linksrheinischen Raum 1794 mit der französischen Besetzung der Rheinlande und der Einführung der französischen Bergwerksgesetze, durch die das Direktionsprinzip aufgehoben wird. Die Gewerke waren von der staatlichen Bevormundung befreit und hatten die freie Verfügungsgewalt über ihren Besitz. Die Tätigkeit der Staatsbehörden beschränkte sich auf die Kontrolle zur Einhaltung der bergpolizeilichen Vorschriften.

Eine abermalige Neuordnung wurde durch die Übernahme des Rheinlandes durch Preußen erforderlich. Mit königlicher Verfügung vom 9.März 1815 wurde das Oberbergamt Dortmund gebildet, und im November des gleichen Jahres folgte das Oberbergamt Bonn. Letzteres war für den gesamten linksrheinischen Raum zuständig. Dem Oberbergamt unterstanden die Bergämter und die Bergrevierbeamten. Da für den Bonner Bereich das französische Recht nicht aufgehoben wurde, hatten hier die Bergbeamten die Gruben nur zu beaufsichtigen.

Ab Mitte des 19.Jahrhunderts wurde das Inspektionsprinzip eingeführt. Dieses untersagt dem Staat jegliche wirtschaftliche und technische Leitung der Bergwerke; für die Bergbehörde bleibt die Aufsichtsfunktion über die Bergwerke. Die staatliche Funktion beschränkt sich auf die Kontrolle von Einhaltung und Umsetzung bergbehördlicher und bergpolizeilicher Verordnungen.

 

Anlage B

Bergwerksbetrieb im 16. /17. Jahrhundert

Wasserhaltung

 

Wasserhaltung

 

 

Pferdegöpel

 

Pferdegöpel

 

 

Anlage C

Grubenfelder und Schächte in den 1960er Jahren

 

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Anlage D

 

Fördereinrichtungen

 

Anlage E

Entwicklung der Steuerungstechnik vom 19. ins 20. Jahrhundert

 

Fördermaschinist

Schaltpult und Fernanzeige der Grubenwarte von Gouley/ Laurweg

 

Anlage F                    

Pumpenschächte Gouley und Beerenbosch

 

Pumpenschächte Gouley und Beerenbosch